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Bamberger Kurzfilmtage
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Kufita-Blog, 7: Ein Rock'n'Roll-Festival aber für Filme

Je länger das Festival dauert, desto größer wird mein Bedarf an Limonade. Es ist Samstag, vorletzter Festivaltag, Preisverleihungstag und ich sitze hier und schlürfe ein Getränk namens Sunny Orange. Sehr gute, seltene und, das habe ich gestern gelernt, auch politisch korrekte Limonaden gibt es im Lichtspiel und Odeon. Die empfehle ich sehr. 

Anna empfiehlt, wahrscheinlich, die Kekse. Als wir uns gestern im Lichtspiel treffen, sagt sie, sie brauche jetzt die schokoladigste Süßigkeit, die je erfunden wurde, wie zum Beispiel einen Muffin in einem Muffin in einem Muffin. So etwas gibt es selbst hier nicht. Aber einen Cookie. Und Limonade mit Minze für mich. Wir haben uns getroffen, um den Wolfgang vom Wiener slash-Festival zu interviewen. Zum Glück sitzt der noch im Kino, uns fehlt nämlich eine Speicherkarte für das Tonaufnahmedings. Leo hat keine, Alina hat keine, Stephan hat natürlich schon eine, aber nicht jetzt und hier, Alex ist oben im Vorführraum, der hat bestimmt auch keine. 

Aber, kein Stress, wir haben noch Zeit. Also los zum Müller, Speicherkarte kaufen. Anna erzählt, sie habe mit Mina eine streitartige Diskussion gehabt, weil Mina mich auf 30 geschätzt hat und Anna findet, ich hätte etwas Katzenartiges an mir. Stelle ich mir seltsam vor, den Streit. Der Müller hat schon zu. Was jetzt? Wolfgang ist einbestellt und soll auch nochmal Werbung für die Horror- und die Trash-Rolle machen, die er mitgebracht hat. Eigentlich sind wir in diesem Jahr ziemlich gut ausgestattet und trotzdem fehlt immer zum ungünstigsten Zeitpunkt irgendwas. Und irgendwie ist das auch das Schöne. Da gibt es dieses Festival seit mittlerweile 200 Jahren und trotzdem ist das längst kein durchchoreografierter Geldeintreiberzirkus, sondern immer irgendwie so halb improvisiert, so seiltänzermäßig gerade noch gerettet. Leo sagt, die Kurzfilmtage sind halt ein Rock'n'Roll-Festival. Er sagt das mit seiner leotypischen Urruhe. Es ist nicht vorstellbar, dass Leo in Panik gerät oder so. 

Anna ruft also Ludwig an, wegen der Speicherkarte und Ludwig sagt, ja, er hätte schon eine, aber da ist noch Zeug drauf und Anna sagt, schmeiß es schnell runter und Ludwig sagt: Okay, er kommt gleich und bringt uns das Ding. Und dann sind wir wieder im Lichtspiel und da ist jetzt auch Alex, an der Kasse, nicht mehr im Vorführraum und der sagt: Natürlich hab ich eine Speicherkarte. Äh, ja, sorry, Ludwig. 

Anna macht dann das Interview. Das ist so ein Talent von ihr. Anna kann wahnsinnig gut Fragen stellen. Was für ein Tier man wäre, zum Beispiel oder ob man gerne für einen Tag sie wäre. Das fragt sie Wolfgang jetzt alles nicht, aber andere Sachen. Alina bringt uns danach was vom Asiaten, meganett. Und wir sitzen auf den Couches. Volker ist sogar auch mal da, er hat grade frei. Er stellt sich vor, wie das wäre, wenn das große Kommerzkino pleite ginge und Gerrit vom Odeon und Lichtspiel die Räumlichkeiten übernehmen und in neun riesigen Sälen abseitiges Programmkino machen würde. Wir zeigen den neuen Star Wars schon, aber nur in der thailändischen Version. So. Und Stephan stellt sich vor, dass Mariya und Paule die Preisverleihung moderieren und Paule die ganze Zeit dirty Herrenwitze reißt und am Ende machen die beiden natürlich rum und nur Stephan steht dann auf, Standing Ovations. So eine Festivalwoche geht ein bisschen aufs Gehirn. Besser noch ne Limo. 

Dann aber schnell rüber in den Club. Zu spät. Als ich ankomme, bauen Van Hazy schon ab. Sorry, Eva und Marco, ich hab ehrlich gesagt gar keine gute Ausrede, außer dass ich grad was vom Asiaten aß. Jetzt legt ein Dj auf und Mina tanzt natürlich schon wieder. Irene kommt vorbei und sagt, Andreas, du bist jetzt der Flurbeauftragte. Wenn hier Leute rumstehen, schickst du sie raus oder rein. Ich sage, okay, und stelle mir vor, ich bekäme eine Flurbeauftragtenuniform oder einen kleinen Orden oder Ausweis oder so. Ist aber nicht so. Irene schwirrt schon wieder weg. Die ist so ein Megaprofi, unfassbar. Aber sie hat mir nicht gesagt, warum die Leute nicht im Flur sein dürfen, also sage ich, sorry Leute, ich bin der Flurbeauftragte, ich muss euch wegschicken, anscheinend darf man hier nicht sein. Es ist natürlich wegen der Hausbewohner drüber, hätte ich auch selber drauf kommen können. 

Trotz der ehrenvollen Aufgabe kommt mein Abend nicht so richtig in Schwung. Abby lässt auch auf sich warten. Es ist so ein Abend, an dem man ständig überlegt, ob man jetzt nicht langsam mal heim sollte, aber andererseits passiert vielleicht noch was und man ist ja auch noch wach und trinkt halt noch einen Wein und wippt so ein bisschen rum. Dann kommt Abby und haut gleich wieder ab und dann kommt Ludwig und wir unterhalten uns darüber, was Irene für ein Megaprofi ist. Dann versuche ich Böhler und Alex aus dem Flur zu vertreiben, bleibe dann aber selbst da stehen. Schlechtester Flurbeauftragter aller Zeiten, kein Profi.

Paule kommt aus Ulm zurück, übernimmt den Laden und stellt sich hinter die Bar. Ludwig und ich hängen vor der Bar rum. Aber Paule will tanzen. Ich soll hinter die Bar. Ich sage ihm, dass ich weder rechnen noch mixen kann, aber Paule versichert mir sein Zutrauen. Als ich hinter der Bar ankomme, stelle ich fest, wie betrunken ich bin. Ich gieße mir ein wenig Rotwein in ein Longdrinkglas, glotze stumpf und hoffe, dass niemand etwas bestellt. Zwei Menschen drehe ich einen Drink an, den ich aus wahllos aus Flüssigkeiten zusammenschütte, die ich finde. Sie geben ihn mir beide wieder zurück. Danach meidet das Restpublikum die Bar wie das Gelände eines Reaktorunfalls. Ich muss schnell nach Hause. 

Es ist Samstag und das Wetter ist schön, wie die ganze Woche. Ich bin müde, aber wieder unverkatert, wie die ganze Woche, was wahnsinnig unwahrscheinlich ist. Heute gibt es endlich Preise. Und Regionalfilme und Trashfilme und und und. Am Wochenende ziehen die Kurzfilmtage immer noch mal so richtig an. Das wird schön und dann wird es traurig, noch eine letzte Nacht im Club und schon ist alles wieder vorbei. Ich bin sehr müde. Vielleicht muss ich mir ein Stück Kuchen holen, sonst ist das alles nicht zu ertragen.

(Andreas Thamm, Bilder: Guido Apel)

 

 

 

Saturday 01.28.17
Posted by Bamberger Kurzfilmtage
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